Gewerkschaften und Sozialverbände schlagen eine Angleichung der Altersgelder innerhalb von zehn Jahren vor. Die Bundesregierung wollte zwar auch eine Regelung, hat aber jetzt keine Eile.
Von Peter Heimann, Berlin Dienstag, 24. April 2012 (Sächsische Zeitung)
Fast 22 Jahre nach der Einheit Deutschlands pocht ein Bündnis aus Gewerkschaften und Sozialverbänden auf eine Angleichung der Ost-Renten an das West-Niveau in überschaubarer Zeit. Die Bundesregierung sei dagegen mit ihrem Versprechen eines einheitlichen Rentenrechts in Ost und West längst im Verzug. Das Arbeitsministerium sieht weiterhin keinen Grund zur Eile. Die SZ analysiert die Situation und die Aussichten:
Wie sieht es derzeit mit den Renten in Ost und West aus?
Bei der Überleitung des Rentenrechts nach der Einheit war erwartet worden, dass sich die Löhne im Osten rascher ans Westniveau angleichen würden, als es dann tatsächlich geschah. Nachdem zunächst die Renten im Osten viel stärker als die im Westen erhöht werden konnten, stagnierte später dieser Angleichungsprozess. Ohne politische Eingriffe wird sich an diesem Zustand nicht viel ändern. So liegt deren Rentenanspruch im Osten bei einem Durchschnittsverdienst aktuell um 11,2 Prozent unter dem West-Wert.
Was bedeutet das übersetzt
in Euro und Cent?
Ab 1.Juli 2012 bekommt der Rentner mit Durchschnittsverdienst für ein Jahr Beitragszahlung im Westen 28,07 Euro Rente, im Osten „nur“ 24,92 Euro. Das ergibt für den sogenannten Eckrentner – eine Rechengröße für 45 Jahre Durchschnittsverdienst – eine monatliche Bruttorente von 1263 Euro im Westen und 1121 Euro im Osten. Allerdings werden die Einkommen von Ost-Beschäftigten zum Ausgleich des niedrigeren Lohnniveaus bei der Rentenberechnung im Gegenzug um etwa 14 Prozent aufgewertet. Jeder Beitrags-Euro im Osten ist so 1,14 Euro wert. Die Lücke in der Kasse wird gedeckt durch einen Finanztransfer aus dem Westen, der in diesem Jahr bei über 14 Milliarden Euro liegt und die nächsten Jahre weiter steigen soll.
Wie will das Rentenbündnis
die Angleichung lösen?
Das aus jeweils vier Gewerkschaften und Sozialverbänden bestehende Bündnis beklagt „massive Nachteile für Ost-Rentner“. Ein Abwarten auf eine „normale Angleichung“ – über die Lohnanpassung – mehr als 20 Jahre nach der deutschen Einheit sei nicht mehr hinnehmbar, sagte Verdi-Expertin Judith Kerschbaumer. Zur Lösung schlägt das Bündnis eine „bezahlbare“ Angleichung des Rentenwertes Ost an den West-Wert über zehn Jahre vor. Dies koste im ersten Jahr 600 Millionen Euro, im zweiten das Doppelte, im dritten Jahr 1,8 Millionen und so weiter. Im zehnten Jahr dann eben sechs Milliarden Euro. Billiger würde es, wenn der Aufholprozess bei den Ost-Löhnen schneller vorankomme, sagte der Rentenexperte des Sozialverbands Deutschland, Klaus Michaelis.
Wie soll der Ost-West-Angleich genau funktionieren?
Das Bündnis schlägt dazu einen Zuschlag zu den Ostrenten vor. Er beträgt für den Rentner mit Durchschnittsverdienst im ersten Jahr genau ein Zehntel der Differenz zu den Westrenten – derzeit wären das bei 45 Arbeitsjahren 14 Euro. Im Jahr darauf gibt es dann zwei Zehntel drauf, also 28 Euro. Das setzt sich innerhalb eines Jahrzehnts bis zur völligen Angleichung fort. Diesen Zuschlag soll die Allgemeinheit, also der Steuerzahler berappen. Die Höherwertung der Ost-Einkommen soll beibehalten werden. Das wäre eine ziemliche Benachteiligung für Rentner im Westen.
Was sagt die Regierung
zu der Idee?
Eigentlich hatte sich auch die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vorgenommen: „Wir führen in dieser Legislaturperiode ein einheitliches Rentensystem in Ost und West ein.“ Daraus wird wohl nichts mehr. Auch gestern wollte sich das Arbeitsministerium nicht drängen lassen und wies den neuen Vorschlag zurück: „Die gegenwärtige Regelung ist fein austariert und berücksichtigt die unterschiedliche Lage in Ost und West: Im Durchschnitt niedrigere Löhne im Osten werden hochgewertet, die höheren Durchschnittslöhne im Westen spiegeln sich im dort höheren Rentenwert wider. Eine bezahl- und verantwortbare Änderung würde im Moment nicht automatisch als Verbesserung gesehen“, so ein Sprecher zur SZ. „Die Vereinheitlichung des Rentensystems ist in jedem Fall ein sehr aufwendiges, anspruchsvolles und kompliziertes Vorhaben, das viel Kraft, Anstrengung und Kompromissbereitschaft erfordert.“
Wie sieht es derzeit mit den Renten in Ost und West aus?
Bei der Überleitung des Rentenrechts nach der Einheit war erwartet worden, dass sich die Löhne im Osten rascher ans Westniveau angleichen würden, als es dann tatsächlich geschah. Nachdem zunächst die Renten im Osten viel stärker als die im Westen erhöht werden konnten, stagnierte später dieser Angleichungsprozess. Ohne politische Eingriffe wird sich an diesem Zustand nicht viel ändern. So liegt deren Rentenanspruch im Osten bei einem Durchschnittsverdienst aktuell um 11,2 Prozent unter dem West-Wert.
Was bedeutet das übersetzt
in Euro und Cent?
Ab 1.Juli 2012 bekommt der Rentner mit Durchschnittsverdienst für ein Jahr Beitragszahlung im Westen 28,07 Euro Rente, im Osten „nur“ 24,92 Euro. Das ergibt für den sogenannten Eckrentner – eine Rechengröße für 45 Jahre Durchschnittsverdienst – eine monatliche Bruttorente von 1263 Euro im Westen und 1121 Euro im Osten. Allerdings werden die Einkommen von Ost-Beschäftigten zum Ausgleich des niedrigeren Lohnniveaus bei der Rentenberechnung im Gegenzug um etwa 14 Prozent aufgewertet. Jeder Beitrags-Euro im Osten ist so 1,14 Euro wert. Die Lücke in der Kasse wird gedeckt durch einen Finanztransfer aus dem Westen, der in diesem Jahr bei über 14 Milliarden Euro liegt und die nächsten Jahre weiter steigen soll.
Wie will das Rentenbündnis
die Angleichung lösen?
Das aus jeweils vier Gewerkschaften und Sozialverbänden bestehende Bündnis beklagt „massive Nachteile für Ost-Rentner“. Ein Abwarten auf eine „normale Angleichung“ – über die Lohnanpassung – mehr als 20 Jahre nach der deutschen Einheit sei nicht mehr hinnehmbar, sagte Verdi-Expertin Judith Kerschbaumer. Zur Lösung schlägt das Bündnis eine „bezahlbare“ Angleichung des Rentenwertes Ost an den West-Wert über zehn Jahre vor. Dies koste im ersten Jahr 600 Millionen Euro, im zweiten das Doppelte, im dritten Jahr 1,8 Millionen und so weiter. Im zehnten Jahr dann eben sechs Milliarden Euro. Billiger würde es, wenn der Aufholprozess bei den Ost-Löhnen schneller vorankomme, sagte der Rentenexperte des Sozialverbands Deutschland, Klaus Michaelis.
Wie soll der Ost-West-Angleich genau funktionieren?
Das Bündnis schlägt dazu einen Zuschlag zu den Ostrenten vor. Er beträgt für den Rentner mit Durchschnittsverdienst im ersten Jahr genau ein Zehntel der Differenz zu den Westrenten – derzeit wären das bei 45 Arbeitsjahren 14 Euro. Im Jahr darauf gibt es dann zwei Zehntel drauf, also 28 Euro. Das setzt sich innerhalb eines Jahrzehnts bis zur völligen Angleichung fort. Diesen Zuschlag soll die Allgemeinheit, also der Steuerzahler berappen. Die Höherwertung der Ost-Einkommen soll beibehalten werden. Das wäre eine ziemliche Benachteiligung für Rentner im Westen.
Was sagt die Regierung
zu der Idee?
Eigentlich hatte sich auch die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vorgenommen: „Wir führen in dieser Legislaturperiode ein einheitliches Rentensystem in Ost und West ein.“ Daraus wird wohl nichts mehr. Auch gestern wollte sich das Arbeitsministerium nicht drängen lassen und wies den neuen Vorschlag zurück: „Die gegenwärtige Regelung ist fein austariert und berücksichtigt die unterschiedliche Lage in Ost und West: Im Durchschnitt niedrigere Löhne im Osten werden hochgewertet, die höheren Durchschnittslöhne im Westen spiegeln sich im dort höheren Rentenwert wider. Eine bezahl- und verantwortbare Änderung würde im Moment nicht automatisch als Verbesserung gesehen“, so ein Sprecher zur SZ. „Die Vereinheitlichung des Rentensystems ist in jedem Fall ein sehr aufwendiges, anspruchsvolles und kompliziertes Vorhaben, das viel Kraft, Anstrengung und Kompromissbereitschaft erfordert.“

